Alfred Rexroth GmbH im Dialog –
Eine Idee in die Zukunft tragen
Neda Seyedi und Matthias Wiese sind seit 2021 in der Geschäftsführung der Alfred Rexroth GmbH. Neda Seyedi wurde 1989 in Kassel geboren. Neben einem BWL-Studium absolvierte sie eine Gesangs- und Schauspielausbildung. Matthias Wiese wurde 1983 in Berlin geboren und schloss ein Maschinenbau-Studium ab. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.
Wie sind Sie beide zur Alfred Rexroth GmbH gekommen, und warum hat es Sie genau dorthin gezogen?
Matthias Wiese: Ich bin 2003 gleich nach der Ausbildung zu Rexroth in die Produktion gegangen, und ehrlicherweise habe ich mir damals keine Gedanken um die Hintergründe des Betriebes und auch die Einbettung in der Neuguss gemacht. Ich war auf der Suche nach einem sicheren Job. 2008 habe ich dann ein Maschinenbau-Studium begonnen und bin 2012 als Projektingenieur und -leiter zurück zu Rexroth. In der Produktion war die Neuguss 2003 einfach kein Begriff und auch irgendwie schwer zugänglich. Als ich 2012 zurückkam, habe ich so langsam eine Ahnung davon bekommen, auch davon, wohin die abgeführten Gelder fließen. Als ich dann 2019 mit der GLS Treuhand in Kenia war, das war schon eine sehr besondere Erfahrung. Man könnte sagen, so etwas wie ein Evidenzerlebnis. Die Menschen dort waren so ungeheuer gastfreundlich und dankbar. Da hat man die Neuguss dann so richtig kennenlernen dürfen. Aber zum Beispiel auch im Rahmen der Sanierung in der Person Peter Piechotta. Durch ihn und seine Art, den Betrieb durch eine so schwierige Zeit zu führen, wurde die Neuguss sehr lebendig bei uns.
Neda Seyedi: Ich habe hier 2014 zunächst als Teilzeitkraft im Rechnungswesen angefangen. Als Teilzeitkraft deshalb, weil ich mich weiterhin meiner Leidenschaft, der Musik und dem Schauspiel, widmen wollte. Ich habe dann aber sehr bald das Angebot bekommen, Vollzeit zu arbeiten – seitdem ist aus meiner Leidenschaft mehr ein Hobby geworden. Das Rechnungswesen liegt mir eigentlich wirklich sehr, aber noch wichtiger sind mir der Umgang und der Austausch mit Menschen. Deshalb bin ich in die Personalabteilung gewechselt und habe dort 2017 die Leitung übernommen – von Anfang an war es mir dabei ein Anliegen, für die im Betrieb arbeitenden Menschen zu kämpfen und den Betrieb noch menschengemäßer zu gestalten. Allerdings habe ich mich damals immer als Rexrotherin gefühlt, nicht als Neugusserin. Als wir 2021 die Geschäftsführung übernommen haben, war die Neuguss dann in der Sanierung sehr präsent, wie Matthias schon sagte in der Person Peter Piechotta. Er ist mir sehr ans Herz gewachsen durch seine sehr inspirierende, freilassende Art. Er hat uns enormen Handlungsspielraum gelassen. Dieses „frei sein dürfen“, das macht meines Erachtens die Neuguss aus.
Matthias Wiese: Gerade in der Produktion stellt sich dann manchmal schon die Frage, warum man eigentlich Gewinne abgeben sollte, wo doch auch im Betrieb selbst viel zu investieren wäre. Das muss man den Menschen vermitteln. Und da haben wir denke ich eine große Vorbildfunktion. Die Neuguss bzw. der Geist der Neuguss lebt hier im Betrieb dadurch, wie wir arbeiten und miteinander umgehen.
Neda Seyedi: Absolut. Und dabei müssen auch private Aspekte einfließen bzw. muss der Mensch mit seinen Bedürfnissen einfließen in unsere wirtschaftlichen Entscheidungen. Wann braucht jemand ein Sabbatical, wie gestalten wir Arbeitszeiten, Arbeitsplätze? Wir müssen den Menschen in jeder Hinsicht arbeitsfähig machen, und dafür müssen wir ihn in den Mittelpunkt unseres Wirtschaftens stellen.
Matthias Wiese: Dazu müssen wir ganz offen in den Austausch gehen, wir müssen zu- und hinhören. Als Geschäftsführer sind wir nicht nur Unternehmer, wir sind auch Coaches.
Wie gelingen denn solche Übergaberegelungen bzw. gab es eingangs Schwierigkeiten in der neuen Rollenverteilung?
Neda Seyedi: Als sich Peter Piechotta und der Interims-Geschäftsführer Prof. Dr. Wohland im Zuge der Sanierung um die Neubesetzung der Geschäftsführung kümmerten, war von Anfang an klar, dass die Position intern besetzt werden sollte. Es sollte kein „Fremdkörpergefühl“ entstehen. Zudem gab es die Kombination eines gemischten Teams, also Mann und Frau, bislang noch nicht. Das war schon alles sehr neu für die Menschen hier im Betrieb, und so gab es anfangs natürlich so etwas wie Skepsis. Umso wichtiger war für uns beide von Anfang an der Dialog! So ein Vertrauen muss ja erst aufgebaut werden, und auch wenn dich die Kolleg:innen bereits kannten, so kannten sie dich ja nicht in dieser Rolle. Und ich glaube, wir fahren gut mit unserem Prinzip „Wir reden nicht nur, wir machen.“
Matthias Wiese: Es gab schon auch Widerstände, und wie meine Kollegin sagt, Akzeptanz und Vertrauen muss erst entstehen dürfen. Durch den beständigen Austausch mit den Kolleg:innen und das ganz klare Signal „Wir wollen das Unternehmen mit Euch zusammen führen!“, ist es uns letztlich gelungen.
Neda Seyedi: Und diese Rolle war natürlich auch für uns neu, und deshalb haben auch wir uns coachen und begleiten lassen.
Was bedeutet für Sie beide das Vermächtnis von Alfred Rexroth?
Matthias Wiese: Als ich mich hier bewarb, hatte ich überhaupt keinen Bezug zur Person Rexroth. In der Zwischenzeit habe ich mich natürlich immer wieder auch damit auseinandergesetzt; die Person Rexroth ist für uns natürlich schon gefühlt weit weg, aber sein Geist ist hier sehr deutlich spürbar.
Neda Seyedi: Ich bin tief beeindruckt, was Rexroth geleistet hat und stolz darauf, dieses Erbe fortzuführen. Dieser Geist, von dem Matthias eben sprach, lebt unter anderem auch in der tiefen Verbundenheit der Kolleg:innen mit dem Betrieb. Wir haben hier Betriebszugehörigkeiten von 40 Jahren plus. Aber dieser Geist lebt eben nicht nur bei uns im Betrieb, sondern weit darüber hinaus, zum Beispiel auch in den Bochumer Bankeinrichtungen.
Welche Zukunftsaufgaben sehen Sie im Betrieb?
Neda Seyedi: Einmal wollen wir das Unternehmen natürlich weiterhin stabilisieren. In 2020 mussten wir uns von 30 Mitarbeiter:innen trennen. Das ganze Drumherum darf man einfach nicht außer Acht lassen – das ist schon eine große Aufgabe! Neben der Stabilisierung haben wir aber natürlich auch Ideen, wohin die Reise führen soll. Wir wollen einer der attraktivsten Arbeitgeber hier werden. Dazu muss man natürlich ganz intensiv auch auf das Thema Ausbildung schauen, denn der Nachwuchs ist ja unsere Zukunft. Dafür sind hier im Betrieb viele Ausbilderscheine gemacht worden, damit wir im Haus unsere eigenen Fachkräfte ausbilden können. Wir schauen auch auf kulturelle Aspekte, denn wir haben hier natürlich auch viele Auszubildende mit Migrationshintergrund. Hier fließt ganz klar auch das Ausbildungskonzept der Neuguss ein. Wir zeigen und leben den Mehrwert der Vielfalt.
Matthias Wiese: Ein weiteres Beispiel ist die Frage, wie man ein ausgewogenes Verhältnis von Home Office und Präsenzarbeit erreichen kann. Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus? Das sind Fragen, die in die Personalentwicklung einbezogen werden müssen. Dafür haben wir verschiedene Arbeitsmodelle entwickelt, aber auch hier muss man immer wieder hinschauen, denn Bedürfnisse und Anforderungen können sich immer wieder verändern und müssen in ein gutes Gleichgewicht gebracht werden. Aber auch beim Thema Nachhaltigkeit sehen wir große Zukunftsaufgaben. Einerseits ganz aktuell die Frage, inwiefern betrifft uns ein Öl-Embargo. Wir kümmern uns hier aber auch um Re-Naturierung, also um die Begrünung unserer Dächer, um eTankstellen, Jobtickets etc.
Wie Sie sehen, genügend Zukunftsaufgaben für die nächsten 50 Jahre Neuguss.